Zu den Engagement-Aktivitäten des Fondsmanagements von Raiffeisen Capital Management (Raiffeisen KAG) zum Thema Welternährung gehört auch der Dialog mit einigen der größten und für uns interessantesten börsennotierten Unternehmen in diesem Bereich. Insgesamt wurden 30 globale Supermarktketten kontaktiert; dabei wurde ihnen ein breiter Katalog mit Fragen zum Umgang mit Lebensmitteln vorgelegt.

Wir stellten unter anderem folgende Fragen:

Was ist Ihr Beitrag zum Sustainable Development Goal (SDG) 2, dessen Ziel das Ende des Hungers weltweit ist?

Hellofresh (Deutschland):

Mit den derzeit produzierten Lebensmitteln könnte leicht die gesamte Weltbevölkerung ernährt werden, doch es scheitert bis jetzt an einer gerechten Ressourcenverteilung. Die UN-SDGs haben sich unter anderem die Beseitigung dieser Ungerechtigkeit als Ziel gesetzt. Auch Unternehmen versuchen zur Lösung dieses globalen Problems beizutragen.

Der durch den Verkauf von Kochboxen groß gewordene Lebensmittelverkäufer Hellofresh hat sich mit seinem Programm „Meals with Meaning“ glaubhaft des Themas Lebensmittelspenden angenommen. So ist es dem Berliner Unternehmen im Jahr 2021 gelungen, mehr als 1,5 Millionen Mahlzeiten an unterschiedliche karitative Einrichtungen weiterzugeben. Angefallene Überschüsse in der Herstellung der Produkte wurden rasch identifiziert und zeitnah an Bedürftige weitergegeben.

In Bezug auf die Lieferkette: Verfügen Sie über eine Policy der nachhaltigen Landwirtschaft und welche Prüfungen nehmen Sie vor, bevor Sie bei einem neuen Lieferanten bestellen?

Ocado (England):

Lieferketten für Lebensmittel bergen unzählige Nachhaltigkeitsrisiken. Das reicht von Menschenrechtsverletzungen über die Gefährdung des Tierwohls bis hin zu massiven Umweltbelastungen. Für Raiffeisen Capital Management als nachhaltigem Investor ist es demnach umso wichtiger, im Dialog mit Unternehmen besonders die Lieferkette zu beobachten.

Das britische Unternehmen Ocado hat für seine Lieferanten strenge Standards gesetzt, um für Qualität in der Lieferkette zu sorgen. Beispielsweise wird Palmöl ausschließlich von zertifiziert nachhaltigen Palmölherstellern zugekauft.
Für die Eigenmarken von Ocado gilt das Ziel, dass das Füttern von Tieren durch Zulieferer zu 100 % aus nachhaltig angebauten Sojabohnen erfolgen muss. Das Futter muss außerdem frei von gentechnisch modifizierten Anteilen sein. Bei Fleischprodukten setzt das britische Unternehmen auf das „Red Tractor“-Siegel, welches die Qualität der Lebensmittel garantiert. Um zu lange Lieferketten zu vermeiden, werden keine Rindfleischprodukte aus Südamerika in den Geschäften verkauft.

Gibt es Initiativen zur Erhöhung des Nährstoffgehalts Ihrer Produkte

Jerónimo Martins (Portugal):

In den Industriestaaten besteht nicht das Problem der Unterernährung, genau das Gegenteil ist oft der Fall. Schlechte Ernährung durch ungesunde Lebensmittel ist der Verursacher für die meisten Zivilisationskrankheiten in den Ländern der ersten Welt. Sehen sich Supermarktketten bei diesem Problem in der Verantwortung? Wenn ja, was tun sie, um ihre Produkte gesünder zu machen?

Für Jerónimo Martins, einen portugiesischen Lebensmittelhändler, ist die Frage nach der Verantwortung ganz klar mit Ja zu beantworten.Die Gruppe sieht sich selbst als wichtiges und verlässliches Mitglied der Gesellschaft und will aktiv im weltweiten Kampf gegen diese ernsten Probleme der öffentlichen Gesundheit auftreten.Um die Ernährungsgewohnheiten der Menschen zu ändern, investiert das Unternehmen zunehmend in die Entwicklung von ernährungsphysiologisch ausgewogenen und weniger verarbeiteten Eigenmarkenprodukten, während es gleichzeitig den breiten Zugang zu diesen Produkten fördert.

In Broschüren werden besonders gesunde und nährstoffreiche Produkte beworben, die weniger Zucker, Salz oder Fett enthalten sowie lactose-, gluten- und gentechnikfrei sind.Das gilt besonders für Lebensmittel, die sich vorwiegend an Kinder richten. In allen Märkten, in denen Jerónimo Martins tätig ist, hat sich das Unternehmen das Ziel gesetzt, bis 2025 bei diesen Produkten ein höheres Nährwertprofil als vergleichbare Unternehmen zu bieten.

Welches Programm haben Sie, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren?

Walmart (USA) und Axfood (Schweden):

Rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel wird verschwendet. Damit könnten ungefähr zwei Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden. Viel wird bereits entsorgt, bevor es überhaupt den Endkonsumenten erreicht. Was sind die Ziele von global agierenden Unternehmen bezüglich Lebensmittelverschwendung?

Der weltweit wohl bekannteste Lebensmitteleinzelhändler Walmart möchte nicht nur den eigenen Abfall reduzieren, sondern auch die gesamte Wertschöpfungskette einbeziehen. Das soll durch eine Förderung der Kreislaufwirtschaft im gesamten Produktions- und Lieferprozess erreicht werden.

Auch für das schwedische Unternehmen Axfood hat die Reduzierung von Lebensmittelabfällen höchste Priorität. So wurde als Ziel gesetzt, die Abfälle bis spätestens 2025 im Vergleich zum Basisjahr 2015 um 50 % zu reduzieren. Dabei sind eine Optimierung des Bestellprozesses sowie preisgünstige Verkäufe von verderblichen Waren nahe am Ablaufdatum am effektivsten. Weiters melden Mitarbeiter in den Lebensmittelfilialen täglich die Menge an Abfällen in eine interne Datenbank ein. Durch die genaue Erfassung dieser Daten können Strategien zur Verminderung der Lebensmittelverschwendung kurzfristig angepasst werden. Axfood ist Mitbegründer von Matmissionen, einer Initiative, die Lebensmittel verkauft, die ansonsten entsorgt worden wären.

Welcher Prozentsatz Ihrer Produkte richtet sich an Verbraucher mit geringem Einkommen, und welche Wachstumsmerkmale weist dieses Segment auf?

Carrefour (Frankreich):

Die Folgen der Inflation halten nicht nur den Kapitalmarkt fest in ihrem Bann, sondern sind mittlerweile für die Kunden spürbar in den Lebensmittelgeschäften angekommen. Immer mehr Konsumenten achten bei ihrem Einkauf vermehrt auf die Preise. Deshalb haben Unternehmen oft eigene Produktsparten, um einkommensschwachen Schichten dennoch ein preisgünstiges Sortiment anbieten zu können.Bei diesen Strategien spielen oft die Eigenmarken von Unternehmen eine große Rolle.

Genau diese Strategie fährt Europas zweitgrößtes Einzelhandelsunternehmen Carrefour in den letzten fünf Jahren verstärkt. Diese alternativen Eigenmarkenprodukte sind durchschnittlich um 20–30 % billiger als die nationalen Marken und gewährleisten dadurch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Umsatzanteil der Eigenmarken beträgt bei Carrefour heute 32 %, er war vor fünf Jahren noch bei 25 %. Carrefour sieht sich dadurch in seiner Strategie bestärkt und wird weiterhin auf Eigenmarken setzen.

Aufgrund der angespannten geopolitischen Lage in der Ukraine sind die Lebensmittelpreise, insbesondere der Preis für Weizen, stark gestiegen. Wie gehen Sie mit diesem Umstand um, und betrachten Sie dieses Preisniveau als konstant oder als vorübergehend?

Sainsbury (England):

Die Welt hat gespannt zugesehen, als die lang ersehnten Weizenlieferungen den Hafen von Odessa verlassen konnten. UNO-Generalsekretär António Guterres hatte bei dem Anblick der Lieferschiffe laut eigener Aussage „Tränen in den Augen“, da diese Lieferungen Erleichterung für hungernde Menschen besonders in Westafrika gebracht haben. Auch Unternehmen müssen mit den Folgen der erhöhten Weizenpreise umgehen und vor allem auch Einschätzungen für die Zukunft treffen.

Das in London gelistete Unternehmen Sainsbury sieht es als seine Aufgabe an, seinen Kundinnen und Kunden bei den gestiegenen Lebenshaltungskosten zu helfen und nicht einfach die Kosten auf die Konsumenten abzuwälzen. Sainsbury investiert 500 Millionen Pfund über einen Zeitraum von zwei Jahren bis März 2023, um die Lebensmittelkosten für Produkte, die die Kunden am häufigsten kaufen, so niedrig wie möglich zu halten. Das Unternehmen setzt im Fall von Lieferengpässen auf starke Lieferantenbeziehungen und beobachtet die Situation in der Ukraine und die Auswirkungen auf deren Lieferketten ganz genau.

Herbert Perus, Mathias Zwiefelhofer
Fondsmanagement/Corporate Responsibility, Raiffeisen Kapitalanlage GmbH

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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