Der Aktienkurs der Schweizer Großbank kollabierte und stürzte in der Spitze um rund 30 Prozent ab. Die Absicherungskosten gegen einen etwaigen Zahlungsausfall schossen nach oben und preisten zeitweise über 40 Prozent Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls ein. Im Zuge dessen fielen auch die Aktienkurse fast aller anderen europäischen Banken kräftig. Ängste vor einer Kettenreaktion oder zumindest vor deutlich eingetrübten Ertragsperspektiven des gesamten europäischen Bankensektors gingen um.

Fundamentaldaten versus Investorenstimmung

So ganz nachvollziehbar aus fundamentaler Sicht sind diese Bewegungen allerdings nicht. Die – zumeist hausgemachten – Schwierigkeiten der Credit Suisse sind weder neu, noch haben sie in den letzten Tagen massiv zugenommen. Dass die Bank 2022 mit einem hohen Verlust (nicht zuletzt aufgrund von Restrukturierungen des Geschäfts) abschloss, ist seit langem bekannt und in den Kursen eingepreist. Ebenso weiß jeder am Markt, dass die Bank wohl einen langwierigen, steinigen Pfad vor sich hat, um ihre einstige Profitabilität wiederzuerlangen. Die Geldabflüsse von Kunden:innen konnten laut Aussagen eines Credit-Suisse-Vorstands im vierten Quartal 2022 eingedämmt werden.

Negative Nachrichten, doch das wenigste davon ist neu

Allerdings wurden zuletzt Zweifel an dieser Aussage laut, bis hin zur US-Börsenaufsicht. In Verbindung mit den jüngsten US-Bankenpleiten war dies vermutlich ein Punkt, der zu den scharfen Marktreaktionen beitrug. Wenig hilfreich war in diesem Zusammenhang sicherlich, dass die Credit Suisse in ihrem jüngsten Jahresabschluss erhebliche Mängel bei den internen Kontroll- und Risikomanagementsystemen einräumen musste. Sehr negativ wurde vom Markt auch aufgenommen, dass der größte Einzelaktionär, eine saudi-arabische Bank, erklärte, keine weiteren Finanzhilfen bereitzustellen. Allerdings war diese Stellungnahme inhaltlich wenig überraschend und nichts Neues.

Saudischer Großaktionär sieht keinen zusätzlichen Kapitalbedarf

Besagter Investor hält bereits 9,9 Prozent der Aktien der Credit Suisse. Weitere Finanzhilfen würden ihn über die Schwelle von 10 Prozent bringen, mit großen regulatorischen Auswirkungen – sowohl in der Schweiz als auch Saudi-Arabien. Es war eigentlich weithin bekannt, dass der Investor von Anfang an kein Interesse daran hatte, diese Schwelle zu überschreiten. Weitgehend ignoriert wurde im Markt zudem der zweite Teil des Statements, wonach der saudische Großaktionär sehr zufrieden mit den Umstrukturierungsplänen bei der Credit Suisse sei und keinen zusätzlichen Kapitalbedarf sehe.

Credit Suisse erfüllt regulatorische Kapital- und Liquiditätsanforderungen

Die Fundamentaldaten stützen diese Einschätzung. Die Kernkapitalquote (Tier 1 Core) liegt über 13 Prozent, und damit über den regulatorischen Anforderungen. Auch die Liquiditätskennzahlen liegen über den geforderten Werten. Die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma bestätigte gestern noch einmal explizit eine sehr gute Kapital- und Liquiditätsausstattung der Bank und versicherte, dass die entsprechenden Angaben der Credit Suisse den Tatsachen entsprächen.

Schweizerische Notenbank sagt 50 Mrd. Euro an Liquiditätshilfen zu

Was letztlich für Außenstehende kaum zu beurteilen ist, ist die kurzfristige Liquiditätslage und die Entwicklungen bei etwaigen Kapitalabflüssen. Hier deutete zuletzt einiges auf möglichen aufkommenden Stress bei der Credit Suisse hin, unter anderem das Anheben der Guthabenverzinsung für Einlagen bei der Bank.  Vor wenigen Stunden erklärte allerdings die Schweizerische Notenbank, man werde der Credit Suisse umgerechnet bis zu 50 Milliarden Euro an zusätzlicher Liquidität zur Verfügung stellen. Das dürfte erst einmal sehr viel Stress vom Markt nehmen.  Unterm Strich hat die Credit Suisse möglicherweise ein kurzfristiges Liquiditätsproblem, sieht bei den wesentlichen Solvenz-Kennzahlen aber recht solide finanziert aus. Ob die langfristige Neuausrichtung der Bank zu einem wieder profitableren und nachhaltig erfolgreichen Geschäftsbetrieb führen wird, steht auf einem anderen Blatt, ist für die Finanzmärkte aktuell ziemlich unwichtig und in erster Linie wohl ein Thema für die Aktionäre der Credit Suisse.

Nur sehr geringes Exposure

In den Publikumsfonds von Raiffeisen Capital Management bestehen keine oder nur sehr kleine Positionen in Anleihen der Credit Suisse. Selbstverständlich gibt es aber Investments in größere, systemrelevante Banken und Finanzdienstleister, allerdings in zumeist stark unterdurchschnittlichem Ausmaß verglichen mit dem Gesamtmarkt. Das gilt sowohl für unsere Anleihe- als auch unsere Aktienportfolios. So gesehen haben die Aktienkursverluste im europäischen Bankensektor in unseren Fonds relativ geringe Spuren hinterlassen.

Fazit

Aus heutiger Sicht sehen wir nicht den Beginn einer neuerlichen Bankenkrise, weder in den US-Bankenpleiten noch in den Gerüchten und Marktreaktionen rund um die Credit Suisse. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Kapitalausstattung der Banken erheblich besser ist als 2008/2009, und die Notenbanken und Aufsichtsbehörden bislang recht schnell und effizient reagiert haben.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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